MOUNTAIN-PEOPLE News - Oktober 2023 52 - www.mountain-people.de - Outdoor - Hiking - Trekking - Wandern - Natur - Berge und mehr...

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Ab 2025 wird die Verwendung von PFC gesetzlich verboten. Fjällräven hat bereits 2009 begonnen, sie aus seinen Produkten zu verbannen. Diese Entwicklungsschritte konnten wir als Marke bisher gehen.

Das Verbot von PFC wird sowohl in Kalifornien als auch in der EU voraussichtlich im Jahr 2025 in Kraft treten. Für Fjällräven ist die Problematik der PFC jedoch nicht neu. Das Unternehmen arbeitet bereits seit 2009 mit Hochdruck daran, gefährliche Chemikalien aus der Produktion zu verbannen.

„Wir erhielten 2008 die ersten Forschungsergebnisse über PFC. Es war ein Weckruf für uns alle. Wir erfuhren nicht nur, wie giftig diese Chemikalien für Tiere und Menschen sind – sie waren auch längst schon in der ganzen Welt verteilt und ihr Abbau ging so langsam vonstatten, dass man ihn nicht in absehbarer Zeit erwarten konnte. Es handelt sich dabei um ‚ewige Chemikalien’“, sagt Donna Bruns, Global Product Director bei Fjällräven. „Das hat uns die Augen geöffnet. Wollten wir diese Stoffe wirklich noch verwenden? Es war ein zukunftsweisendes Anliegen für uns. Es ging um unsere Werte und wofür wir als Marke stehen wollen.“

2009: Wir sagen Nein zu PFC
Martin Axelhed, der CEO von Fjällräven, ergänzt: „Wir waren uns sicher, dass wir in keiner Weise zu dieser Problematik beitragen wollten. Daher beschloss der Vorstand, PFC aus sämtlichen Textilien und Produkten zu verbannen. Zudem beschlossen wir, die Gelegenheit zu nutzen, um auch andere Zusatzstoffe und Chemikalien, die zur Performance-Optimierung eingesetzt werden, ohne zwingend notwendig zu sein, zu prüfen.“ Zu dieser Zeit, im Jahre 2009, wendete die Industrie viele zusätzliche chemische Mittel an, um die Performance der Kleidung zu verbessern, angefangen bei der Abwehr von Insekten bis hin zum Sonnenschutz. Es wurden Chemikalien zum Schutz vor Zecken, Geruchsbildung, Verschmutzung und vielem mehr eingesetzt. Sie veränderten die Textur des Materials, ohne dass ein teureres und hochwertigeres Gewebe verwendet werden musste. Die Entscheidung von Fjällräven diesbezüglich führte dazu, dass keine unnötigen chemischen Komponenten mehr genutzt wurden.

„Es war eine wirtschaftliche Herausforderung, diese neue Richtung einzuschlagen, während anderen so weitermachten wie bisher. Wir mussten all unsere Lieferanten davon überzeugen, umzusteigen. Gleichzeitig mussten wir offenlegen, dass wir nicht mehr die gleiche Funktionalität bieten konnten wie die anderen Marken, die weiterhin Fluorcarbone verwendeten. Dennoch fiel uns die Entscheidung leicht“, sagt Martin Axelhed.

2012: Die Entwicklung eines PFC-freien Obermaterials
Neben dem Verzicht auf PFC setzte sich Fjällräven das ehrgeizige Ziel, ein neues, unternehmenseigenes wasserabweisendes Material zu entwickeln, das ganz ohne PFC auskommt. Dabei ging es aber nicht darum, schnell etwas für die nächste Saison zusammenzuschustern. Wir arbeiteten vielmehr akribisch an einer nachhaltigen Lösung, die effektiven Schutz vor Feuchtigkeit bietet und trotzdem atmungsaktiv ist. Wir testeten Prototypen im Labor und in der Praxis und schlossen uns dafür mit zuverlässigen Zulieferern zusammen, die ebenso strenge Standards etabliert hatten wie Fjällräven.

2012 kam dann Eco-Shell auf den Markt. Um es vorwegzunehmen: Dieses Produkt sollte nie das Beste auf dem Markt sein, wenn es darum geht, Wanderer im strömenden Regen trocken zu halten. Doch es leistete verhältnismäßig gute Arbeit, ohne weitere per- und polyfluorierte Chemikalien in die Umwelt abzugeben – also gab es dennoch Grund zum Feiern. Doch die Freude sollte nur von kurzer Dauer sein.

2012: Rückschlag durch Kreuzkontaminationen
Nach der jahrelangen mühsamen Entwicklung eines Obermaterials ohne PFC fand Greenpeace dennoch in mehreren Outdoorkleidungsstücken von Fjällräven Fluorchemikalien. Aiko Bode, Nachhaltigkeitsbeauftragter bei Fjällräven, erinnert sich: „Greenpeace war genauso überrascht wie wir selbst“. Es war die erste harte Lektion, die wir hinsichtlich Kreuzkontaminationen lernen mussten. „Es wurde festgestellt, dass unsere Kollektionen in demselben Raum aufgehängt wurden wie Produkte, die Fluorchemikalien enthielten. Das reichte aus, um die Chemikalien auf unsere Kleidungsstücke zu übertragen. Wir mussten die Produktion komplett umorganisieren und sicherstellen, dass alles streng getrennt blieb. Überall hatten Kontaminationen stattgefunden“, sagt Bode.

Wurde eine Jacke von Fjällräven in einem Geschäft neben das Regal mit dem Skiwachs gehängt, so wurden PFC in dieser Jacke gefunden. Die Kontaminierung war überall und die Fabriken waren völlig überfordert – egal wie sehr sie versuchten, die Produktion zu trennen, die Chemikalien fanden immer ihren Weg hinein. Später wurde festgestellt, dass auch das Brauchwasser in der Fabrik wiederverwendet wurde und somit von anderen Herstellern kam, die die Produkte von Fjällräven verunreinigten. Um die Weiterverbreitung zu stoppen, war eine grundlegende Umstrukturierung erforderlich.

2015: Sämtliche Textilien von Fjällräven schrittweise von PFC befreit
2015 konnte Fjällräven endlich bekannt geben, dass nicht nur die Shell-Materialien, sondern auch die Zelte, Rucksäcke und Accessoires frei von PFC waren. Nur ein Detail blieb noch übrig – und das sollte sich als größeres Problem erweisen als gedacht: die Reißverschlüsse.

2023: PFC-freie Reißverschlüsse
Nach etlichen Bemühungen konnte YKK, der weltweit führende Hersteller von wasserdichten Reißverschlüssen, einen Reißverschluss ohne PFC auf den Markt bringen. Im Jahr 2023 schien das Warten endlich ein Ende zu haben.

2023: Probleme mit den neuen Reißverschlüssen
„Gerade wollten wir wieder einmal verkünden ‚Ja, wir sind am Ziel’, als wir herausfanden, dass alle lackierten Reißverschlüsse noch immer PFC enthielten. Sie steckten in der Farbe“, sagt Bruns. „Es scheint kein Ende zu nehmen. Wir können noch immer keine abschließende Erfolgsgeschichte vorweisen. Noch nicht. Es bleibt ein hartes, fortdauerndes Unterfangen. Wir sind immer auf der Hut und halten Ausschau, wann und wo die PFC wieder auftauchen.“

Heute: Die Wissenschaft kennt noch nicht alle Antworten
Die Forscher glauben, dass sie etwa 80 % der Anwendungsbereiche von Fluorchemikalien ermittelt haben, während 20 % noch immer unentdeckt sind. Sie könnten überall eingesetzt werden. Am häufigsten werden sie zur Wasser- und Fettabweisung verwendet, doch es gibt noch andere Eigenschaften, die die Chemikalie zu einem begehrten Stoff machen. „Die Verwendung von PFC kann viel Zeit sparen, wenn es darum geht, Kleidungsstücke langlebiger zu machen. Wenn man ein qualitativ minderwertiges T-Shirt in PFC taucht, hält es mehr Wäschen aus“, sagt Bode. Mittlerweile gibt es verschiedene Zertifizierungen, mit denen Marken nachweisen können, dass ihre Materialien PFC-frei sind. Weshalb hat sich Fjällräven nicht einfach für eine dieser Zertifizierungen entschieden?

„Wir sind der Meinung, dass es derzeit keine verlässliche Zertifizierung gibt. Sie geben nicht an, wie die Tests durchgeführt werden. Und sie testen oft nur auf eine bestimmte Art von Chemikalien, obwohl es zahlreiche andere gibt, die genauso problematisch sind“, sagt Bode.

Nächster Schritt: Das gesetzliche Verbot von PFC wird 2025 in Kraft treten
Das Verbot von Fluorchemikalien soll in Kalifornien am 01. Januar 2025 in Kraft treten – in der EU wiederum später im Jahr 2025 oder erst 2026. Da Fjällräven bereits sehr gut mit den Herausforderungen vertraut ist, hat das bevorstehende Verbot keine nennenswerten internen Auswirkungen auf das Unternehmen. Wir befürworten das Verbot jedoch sehr, da es anderen Marken dabei helfen wird, den gleichen Wandel zu vollziehen. Zudem vereinfacht es hoffentlich die Kommunikation mit den Zulieferern hinsichtlich der notwendigen Veränderungen. „Wir haben enorm viel über das Testen und Validieren gelernt – und darüber, wie gründlich man vorgehen muss. Ein Zertifikat ist nur ein Stück Papier. Eine ständige Nachkontrolle ist unerlässlich“, sagt Fjällräven-CEO Martin Axelhed. Er ist stolz darauf, wie weit Fjällräven bereits gekommen ist, und das nicht nur in Bezugauf PFC. „Unsere Strategie hinsichtlich der Chemikalien ist im Allgemeinen sehr streng und kon servativ. Wir legen Wert darauf, dass unsere Produkte einen möglichst kleinen Fußabdruck hinterlassen.“

Der Weg zu 100 % PFC-freien Produkten
Kann Fjällräven nun von sich behaupten, dass es komplett ohne PFC auskommt? Die Problematik der Reißverschlüsse ist noch nicht vollständig geklärt. Wie sich herausgestellt hat, ist es äußerst schwierig, PFC aus der bei der Produktion verwendeten Farbe zu eliminieren. „Was wir heute sagen können, ist, dass nach unserem besten Wissen und mit Ausnahme der Reißverschlüsse, unsere Produkte ohne den Einsatz von PFC gefertigt werden. Wir haben verlässliche Nachweise von unseren Herstellern und Lieferanten, testen aber auch selbst“, sagt Bruns. Sie fügt hinzu, dass der Gründer von Fjällräven, Åke Nordin, in vielerlei Hinsicht eine wichtige Rolle bei den enormen Anstrengungen des Unternehmens gespielt hat. Niemals aufzugeben, war vom ersten Tag an ein Grundprinzip. Auch wenn das Ziel, zu 100 % PFC-frei zu werden, noch nicht vollständig erreicht ist, hat Fjällräven bereits einen weiten Weg zurückgelegt. „Wir können nachts ruhig schlafen, denn wir wissen, dass wir unsere Bemühungen nicht aus PR-Gründen oder aufgrund von Gesetzen unternommen haben. Wir haben einfach das getan, woran wir glauben“, so Bruns abschließend. Die Reduzierung der Fluorchemikalien auf unserem Planeten wird viel Zeit in Anspruch nehmen. Sehr viel Zeit. Aber unabhängig davon, wie lange es dauert und wie viel technische Entwicklung erforderlich ist, um sie vollständig zu beseitigen – es ist der richtige und einzige Weg, um voranzukommen.

Fotos: (c) Fjällräven


Weitere Informationen unter www.fjallraven.de

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